ROMAN HERZOG
1999


Realisierung eines Triptychon unter Einbeziehung des Gemäldes von Albrecht Dürer.
Kaiser Maximilian I. und zwei Collagen United Nations, komplettiert durch Roman Herzog und Lech Walesa,
im Kunsthistorischen Museum, Wien
mit freundlicher Genehmigung durch Herrn Hofrat Dr. Wilfried Seipel, Generaldirektor

Die Komplettierung der Collage UN durch die eigenhändige Umetzung der Staats- und Regierungschefs, erweitert innovativ die Autorität überkommener Darstellungs- und Porträtformen. Der nie endende, durch Epochen markierte Kulturprozeß, der eine stete Erneuerung der Formen bewirkt, angereichert mit neuen Metaphern und Denkbildern, findet seinen speziellen komplexen Niederschlag bereits in Porträts von Hans Holbein, indem sich Bild und Schrift, zwei Ebenen der Lesbarkeit überlagern und gegenseitig steigern.

"Die Collagen - konzipiert als visuelle Datenbanken - die durch eine bewusste Konstruktion beides zu verbinden suchen, die Dynamik des Subjektiven und die Energien der Dinge, die ausserhalb ihrer selbst existieren stehen im engen Kontext zu der abendländischen Porträtmalerei. Die Umkehrung des Modus operandi, kalligrafisch/symbolisch über die Imagination Bilder hervorzurufen sind im Kontinuum ihrer Gründe und der Vergegenwärtigung des Mythos, das scheinbar Neue als Kontinuität einzureihen, in der das Abbild nicht stellvertretend für die Wirklichkeit steht, sondern ein Teil von ihr ist, ist auch der abendländischen Malerei in der die "sinnlichen Bilder (sensibilia), die eine sichtbare Natur haben, wie den "Bildern der Vorstellung" (phantasmata) bekannt und gleichgesetzt."

Mimetische Kunst konnte es auch nicht gewesen sein, die als Siegerin aus dem großem byzantinischen Bilderstreit hervorging. Die neuen ästhetisch-theologischen Koordinaten der Ikonenkunst nach dem Sieg der Bilder auf dem Konzil von Nizäa verkehren das Ideal der Augentäuschung geradezu ins Gegenteil. Sie sorgen dafür, daß es niemandem in den Sinn kommt, die Natur mit ihrer Nachahmung zu verwechseln. Die Bilder selbst stellen durch bewusste Verfremdungsmittel sicher, daß sie niemals die Verdoppelung des Sichtbaren anstreben. Sie werden nicht gemalt, sonder "geschrieben" und müssen, einer Vorschrift, auch Buchstabenschrift ausweisen. Die Schattenmalerei, Illusionierungsmittel ersten Ranges, einst als grosse Erfindung des Appels gefeiert, wird beiseite gesetzt.

Sir Byran Tuke, Sekretär des Königs und 1528 Schatzmeister des königlichen Haushalts, war sehr daran gelegen, sich durch ein Porträt zu verewigen. In seinem Vorwort zu Chaucer zeigt er sich fasziniert von den ersten Erfindungen der Erinnerungskunst, " dem Fleiß oder dem Trachten der Leute nach verschiedenen Formen, Figuren und Eindrücken (..), die für das Gedächtnis und die Erkenntnis von Dingen gebraucht werden", und auch Matthew Parker, Erzbischof von Canterbury, war voll des Lobes für den sorgfältigen Maler Holbein, dessen Bildnisse unter Gelehrten wie geistvolle Briefe kursierten.


Blatt 2 der Collage UN auf Papier mit der Komplettierung
des spanischen Königs Juan Carlos I. vor dem Gemälde Tizian`s "Karl V."
im Museo del Prado, Madrid.

Eramus von Rotterdam versandte seine Porträts von Hans Holbein (1497/98-1543) zusammen mit seinen Briefen um damit seine Präsenz zu verdoppeln. Neben seinen Schriften betrachtete er diese Bildnisse als sein Vermächtnis an die Welt. Mit der Opposition von Äußerem und Inneren darstellbarem Körper und unmalbarem Geist, verknüpft sich der Gegensatz von Vergänglichen und Unvergänglichen und die Zuordnung von Bild und Schrift. Die Unterscheidung zwischen dem literarischen und dem bildlichen Poträt kommen in der Beschriftung zu Albrecht Dürers (1471-1528) Porträtstich des Philipp Melanchthon deutlich zum Ausdruck. "Das lebendige äußere des Philipp konnte Dürer, den Geist konnte die gelehrte Hand nicht malen". In dem Masys-Doppelporträt von Hobein ist bereits das Spiel mit der Handschrift des Modells präsent. auf einem scheinbar auf das Bild geklebten Zettel steht "Anno D(o)m(ini) MDXXVIII". Auf dem Briefbogen direkt vor sich hat Godsalve mit eigener Hand geschrieben: "Thomas Godsalve de Norwico(=Norwich) Etatis sue Anno quadragesimo septo", eine Art juristischer Beglaubigung der Mimesis. Das von Hans Holbein gemalte Porträt des Georg Gisze ist mit vielen Symbolen unterlegt, um diesen Kaufmann und Nouveau-riche mit einer persönlichen Ikonographie auszustatten.


Blatt 8 der Collage UN auf Papier mit der Signierung des
jordanischen Königs Hussein I. vor dem Gemälde Tizians Karl V.
Alte Pinakothek, München.

Die Inschrift in Griechisch/Latein verkündet und rühmt die Lebensechtheit des Porträts. Die zweite wichtige Inschrift ist der Wahlspruch von Georg Gisze den dieser sogar unterschrieben hat, als beanspruche er Urheberrecht an der Konstruktion dieser pompösen Persona. Die Signierung durch Georg Gisze involviert über das Urkundenhafte des Porträts, das den Wert als Dokument steigert, einen Höhepunkt des Beglaubigten, wie dies zuvor annähernd nur noch unter den Mumienporträts der römischen Epoche Ägyptens gehandhabt wurde.

Tradtion - vom lat."trado-transdo", "weitergeben" oder "einen Besitz übertragen" - kann nicht ererbt werden, wer sie besitzen will, muß sich ein Gefühl für Geschichte aneignen, und das wiederum erfordert nicht nur die Wahrnehmung der Vergangenheit als etwas Vergangenes, sondern auch als etwas Gegenwärtiges... " Die Vergangenheit sollte durch die Gegenwart im selben Maße verändert werden, wie die Gegenwart durch die Vergangenheit bestimmt wird. Gegenwart und Vergangenheit unterscheiden sich dadurch, daß die bewußt wahrgenommene Gegenwart die Vergangenheit in einem Maße wahrnimmt, wie die Vergangenheit sich selbst gar nicht wahrnehmen kann".
Die 1919 in dem Essay von T. S. Eliot ausgearbeitete Theorie von der Beziehung zwischen Traditionellem und Neuem, die sich speziell auf die Dichtung bezog, als T.S. Eliot den Zusammenhang zwischen Zitat und Neuschöpfung herausarbeitete, steht im übertragenen Sinn vor- b i l d -lich für die Realisierung des Triyptychons unter Einbeziehung der Collagen United Nations.

Bibliographien

Hans Holbein
Oskar Bätschmann/Pascal Griener, Dumont 97
Die Kunst der Islamischen Kalligrafie
Adelkebir Khatib/Mohamed Sijelmassi, Dumont 97


Der Präsident des
Club of Rome
www.clubofrome.org
"Die Vollendung der bildlichen Metamorphose des berühmten George Washington-Gemäldes
Metropolitan Museum, New York
von
Gilbert Stuart
in ein Triptychon durch zwei Collagen UNITED NATIONS, steht synonym für die drei Wesensmerkmale der Arbeit des Club of Rome:
kohärent, international, langfristig.
Verstärkt wird die sinnbildliche Wirkung dadurch, daß die dem Washington-Porträt beigegebenen Collagen UN, je fünfmal das Emblem der Vereinten Nationen mit jeweils einer Signierung eines Staats- oder Regierungschefs beinhalten werden. Die Collagen verdeutlichen, die nach wie vor überragende Stellung der Vereinten Nationen, an denen der Club of Rome; trotz mancher Rückschläge nicht zweifelt. Denn unsere Vision von der Welt in einigen Jahrzehnten, bleibt es, auch die Vereinigten Staaten von Europa, ebenso wie alle anderen derzeit prägende Blöcke auf unserem Planeten, als Vergangenheit erlebt haben zu dürfen und eine gemeinsame

"Magna Charta"
zu formulieren, die zu globaler Partnerschaft führt. Dazu müßten wir - so jung und zukunftsweisend sind die Vereinten Nationen - das Rad nicht neu erfinden, denn die UNO ist als Organisation präsent und intakt.
www.un.org
Der Club of Rome stellt in seiner Arbeit - und dafür steht die Komplettierung der Collagen UN - immer mehr konkrete Probleme aus allen Weltregionen in den Vordergrund und bemüht sich, diese ebenso umfassend wie allgemeinverbindlich zu interpretieren. Denn wir haben im Laufe unserer dreißigjährigen Gechichte gelernt, daß die Maßnahmen für die notwendige Renaissance des Weltethos sowohl global, als auch lokal getroffen werden müssen. Der Club of Rome setzt diese Erkenntnis konsequent um: vor 30 Jahren traten wir an, unter dem Motto "Global denken, lokal handeln". Heute sehen wir das Gebot unter dem Leitmotiv "Lokal denken, global handeln". Kohärent dürfte das Wortspiel "Global - lokal denken und lokal - global handeln" sein".
Madrid, September 1997.

Prof. Dr. Ricardo Diez-Hochleitner


Präsentationskonzept